S A N   R I E M O
Genossenschaftliches Mehrfamilienhaus mit gewerblicher Erdgeschossnutzung für die Kooperative Großstadt
Wettbewerbsbeitrag
Riem, München

2017
Riem. San Riemo, San Marino, San´t Angelo, San Francisco? Sehnsuchtsorte mit Dauerurlaubsfaktor, Heiligsprechung und Heilsversprechen. Ein Versuch:
Riem hat etwas Eigentümliches. Wie eine Insel dockt es sich an die letzten Ausläufer der U-Bahn, völlig autark geplant, ganz anders angenommen. In einigen Jahrzehnten, wenn Erdgeschosse notwendigkeitshalber umgenutzt wurden und das Quartier etwas dichter ist, ist die Abschottung vielleicht überwunden. Bis dahin aber muss eine Werft entstehen. Schiff weil so einsam in seiner Multinutzung und so revolutionär in seinen Wohnformen; Fabrik weil prozesshaft, anpassbar, nie vollendet, sich ständig weiterentwickelnd. Dauerbaustelle, Provisorium, Prototyp. 
Die Typologie ist frei. Sie entwickelt sich über Zellstrukturen der Basis- und Filialwohnungen, dem offenen Grundriss der Wohngemeinschaft bis hin zur effizienten Schaltstruktur der Nukleuswohnungen (mit 14 Individualräumen und 10 schaltbaren Individualräumen!) als maximal flexibles Angebot unterschiedlicher Wohntypen. Das frei bespielbare Erdgeschoss ist Transitzone, Eingangshalle, Waschküche, Aufenthaltsraum, Café, Poststelle und Ver
anstaltungsraum zugleich. (Hier wurde bewusst auf eine spezifischere Darstellung verzichtet.) Hausinterne und Nachbarschaft mischen sich in die gewerblichen Erdgeschossnutzungen. 
Die Konstruktion ist effizient. Ein vorfabriziertes Stützen-Platten-System organisiert die Geschosse auf Beton, für zusätzliche Stützfreiheit im Erdgeschoss sorgt der Versprung von 3 auf 2 Stützen zur Gebäudequerachse. Innenwände sind nicht tragend und revisionierbar bzw. im Selbstausbau möglich. Gemeinschaftliches im Kontrast zu Privatem. Fassaden werden in Vorfabrikation als Holzrahmenelemente ausgeführt, was für schnelle Montagezeiten und Präzision sorgt. 
Die Fassadenbekleidung aus Wellblech zur Straßenseite, sowie die Sperrholzplatten zur Hofseite sind inklusive textiler Beschattung unabhängig revisionierbar. Materialien werden in ihrer bestmöglichen Eigenschaft eingesetzt, streng wo nötig, frei wo möglich. Alle nicht thermischen oder nicht statischen Bauteile sind grundsätzlich fexibel, was ein punktuelles Nachjustieren im Bauprojekt oder im Heimwerk zu späteren Zeitpunkten ermöglicht. Lediglich das Erdgeschoss und publikumsintensive Zonen sind dauerhaft in Material höherer Qualität und präziser Detailgestaltung gehalten.
Die übergeordnete strenge Struktur aus tragenden Bauteilen und Fassadenteilung lässt maximale Freiheit in der Grundrissgestaltung und Fensterausbildung. Aber nicht FormFollowsFunction sondern eine im Ausdruck eloquente Tektonik der Regel: Manchmal muss ein Fenster größer sein, manchmal ein Zimmer kleiner, manchmal ein Klo zur Abstellkammer werden oder ein Schlafzimmer zum Wohnraum.